Rauhnächte – eine wiederentdeckte Tradition
Rauhnächte – die Zeit zwischen den Jahren – wird von vielen wieder als eine notwendige Einkehr ins Innere neu entdeckt und genutzt.
Rauhnächte – Mythos oder Tradition?
Rauhnächte, was hat es damit auf sich? Etymologisch kann es nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Herleitung aus dem mittelhochdeutschen Wort „rûch“ was „haarig“ bedeutet, würde sich demnach auf mit Fell bekleidete Dämonen beziehen, die in der Zeit zwischen den Jahren ihr Unwesen treiben. Eine weitere Deutung nimmt Bezug auf das Räuchern, welches in früheren Zeiten in der Zeit zwischen Weihnachten und den heiligen drei Königen zum Schutz in den Ställen und Häusern meist von Priestern durchgeführt wurde.
Der Ursprung des Brauchs liegt vermutlich in der Zusammenführung verschiedener Zeitrechnungen. Der Begriff – zwischen den Jahren – ergibt sich aus der Differenz vom gregorianischen Sonnenjahr mit 365 Tagen und dem Mondjahr, welches die Mondzyklen berücksichtigt, mit 354 Tagen. 11 Tage und 12 Nächte, die außerhalb der Zeit sind. In einigen Mythologien wird angenommen, dass die Rauhnächte die zwölf heiligen Nächte sind, in denen die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt sind und der Zugang zur Anderswelt besonders groß ist. Denn in den Rauhnächten sind die Tore zwischen der Dieswelt und Anderswelt geöffnet.
Seit der frühen Neuzeit sind die Rauhnächte im Brauchtum dazu da um die Geister, die in dieser Zeit auf der Jagd sind, zu vertreiben. Heute noch ist es Brauch, an Silvester beispielsweise, in der Mitte der Rauhnächte, die Dämonen durch Lärm mit Böllern oder Feuerwerk fernzuhalten. Auch im Alpenland wird der Brauch des Perchtenlaufes seit langem begangen, auch er dient dazu die Dämonen zu vertreiben, um nur zwei zu nennen.
Vorbereitungen im Vorfeld der Rauhnächte
In der Zeit vor den Rauhnächten ist es Tradition bestimmte Dinge zwischen dem 21 Dezember bis zum 24 Dezember zu erledigen. Dadurch kommt der Geist zur Ruhe und kann sich auf das Kommende konzentrieren. Wir ordnen sozusagen unser Leben um schließlich in unser Inneres zu gehen, um so gereinigt für uns selbst und andere da sein zu können. Das wesentliche ist es den Ballast des alten Jahres abzuwerfen. Um wieder frei zu sein und eine positive Haltung einnehmen zu können. Am 21.Dezember ist der Thomas-Tag, die Wintersonnenwende, an diesem Tag wird die Wiederkehr des Lichtes gefeiert. Das ist der Beginn der Reinigung. folgende Vorbereitungen können getroffen werden:
- Die Begleichung aller Rechnungen
- Aufräumen und putzen
- Geliehenes wieder zurückgeben
- Aussprachen mit Menschen suchen
- Belastende Situationen klären
Dieses Abstreifen der Altlasten hilft ihrem Herzen sich wieder gestärkt auf das neue Jahr zu freuen.
Die Rauhnächte haben eine besondere Magie
Die alt Vorderen haben sich strikt an die Vorgaben des Handelns gehalten. Die ältere Generation kann sich vielleicht noch an so Manches erinnern. Ab der heiligen Nacht 24/25 Dezember wurde nicht mehr gearbeitet. Selbst das Waschen wurde unterlassen. Das Haus wurde möglichst nicht verlassen. Um die dunklen Mächte nicht zu erzürnen. Wie passend in unserer heutigen Krisenzeit.
Die Rauhnächte wurden dazu verwandt Ruhe einkehren zu lassen. Wer, übertragen in die heutige Zeit, nicht die Möglichkeit hat, kann in seinem Rahmen so viel wie möglich Ruhe und Stille suchen.
Der ideale Zeitpunkt für die Einkehr nach Innen ist die Zeit des Zwielichtes, wenn die Sonne gerade untergegangen ist und die eigentliche Rauhnacht beginnt. In dieser Zeit haben wir einen guten Zugang zu unserem tieferen Bewusstsein. Es kann durchaus sein, dass die Begegnung mit unseren eigenen Schattenseiten anfangs befremdlich sind und uns erschrecken, aber sie machen uns wieder bewusst, noch mehr auf unsere eigenen Bedürfnisse zu hören. Diese Begegnungen, die eine Unzufriedenheit mit unserem Leben hervorbringen, geben uns dennoch Kraft das Alte abzuschließen und das Neue in die Wege zu leiten. Aus der Konfrontation des Vergangenen erwächst die Hoffnung auf das Neue.
Jede der 12 Rauhnächte hat eine andere Qualität. Es ist hilfreich, vielleicht in einem kleinen Tagebuch an jedem der Tage seine positiven Gedanken zu notieren. Das Jahr jeden einzelnen Monat des vergangenen Jahres Revue passieren zu lassen. Jeder Tag steht für einen Monat. Und im nächsten Jahr um diese Zeit können diese Aufzeichnungen wieder als Hilfestellung herangezogen werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine geruhsame Weihnachtszeit in Ruhe und der daraus wachsenden Kraft für das nächste Jahr.
Autor: Kerstin Wenzel [kw]